Haftungsüberschneidung von Belegspital und Belegarzt
Neben dem Belegarzt ist auch zusätzlich die Haftung der Privatklinik möglich.
Bei Aufnahme eines Patienten zur Heilbehandlung in ein Krankenhaus, schließt der Patient mit dem Rechtsträger des Krankenhauses einen Krankenhausaufnahmevertrag ab. Der sogenannte „totale“ Krankenhausaufnahmevertrag umfasst die sachgerechte Behandlung durch das ärztliche und pflegende Personal der Krankenanstalt, aber auch die entsprechende Pflege, Verpflegung und Beherbergung.
Im Rahmen des Belegarztsystem fallen diese Komponenten jedoch auseinander („gespaltener“ Krankenhausvertrag). Der Belegarzt schuldet im Rahmen des mit ihm geschlossenen Behandlungsvertrags die Heilbehandlung des Patienten samt Nachbehandlung. Das Belegspital Erbringung der nötigen krankenhausspezifischen Hilfs- und Zusatzdienste wie auch Beherbergung und Verpflegung („Hotelkomponente“).
Im konkreten Fall wurde der Kläger in einem Belegspital operiert, wobei die Anästhesie durch einen im Belegspital angestellten Anästhesisten erfolgte und es zu Schäden des Klägers kam. Der OGH hielt hierzu konkret fest:
“Ein Belegarzt hat mangels anderweitiger Vereinbarung für Fehlleistungen der ihm zur Durchführung einer Operation seitens des Belegspitals zur Verfügung gestellten nachgeordneten Personen zu haften, weil diese als seine Erfüllungsgehilfen tätig werden, und hat er auch für das schuldhafte und schadensursächliche Verhalten aller wirtschaftlich selbständigen Ärzte einzustehen hat, die im Zuge der Operationsvorbereitung bestimmte für die Erfüllung des Behandlungsvertrags unentbehrliche ärztliche Leistungen unter seiner Oberleitung in Fragen der Operationsorganisation erbringen.
Dass der Anästhesist demnach als Erfüllungsgehilfe des Belegarztes anzusehen ist, schließt allerdings eine Haftung des Belegspitals für den behaupteten Fehler des Anästhesisten nicht aus. Die Pflichtenkreise des Belegarztes und des Belegspitals gegenüber dem Patienten sind nämlich zwar keinesfalls inhaltlich vollständig identisch bzw. kongruent, es ist aber möglich, dass sie einander überschneiden. Ob im Einzelfall eine solidarische Haftung sowohl des Belegarztes als auch des Krankenhausträgers zu bejahen ist, hängt hierbei stets von den konkreten Umständen ab und lässt sich daher nicht generell beurteilen.”
Im konkreten Fall war der Vereinbarung zwischen dem Patient und Belegspital nicht hinreichend klar zu entnehmen, welche konkreten Leistungen (mit Ausnahme der unmittelbaren Behandlung durch den Belegarzt) die Privatklinik erbringt. Mangels eines expliziten vertraglichen Haftungsausschlusses des Belegspitals für allfällige Fehler des – bei ihr angestellten – Anästhesisten haften die Beklagten aber für das Spitalspersonal nach § 1313a ABGB, und zwar auch dann, wenn dieses unter Ingerenz eines Belegarztes tätig wird.
OGH, 3 Ob 224/21v, 23.02.2022