Erbrecht
Geltendmachung der Erbansprüche im Verlassenschaftsverfahren.
Allgemeines zum Hinterlassen und Erben
Das Erbrecht beschäftigt sich mit dem Übergang des Vermögens einer Person nach ihrem Tod auf ihren Rechtsnachfolger.
Vorwiegend ist das Erbrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt (ABGB) und wurde mit Inkrafttreten am 1. Jänner 2017 grundlegend überarbeitet und modernisiert. Es regelt wer wem was vererben kann.
Es sind mittlerweile aber auch die Normen der EU wichtig geworden, denn in einer Gesellschaft, in der sich jeder frei bewegen kann, kommt es für die Frage des anzuwendenden Erbrechts und des Pflichtteilsrechts auch darauf an wo ein Mensch verstirbt und wie lange er dort gelebt hat.
Sie haben jedoch auch die Möglichkeit auf ihre Erbfolge selbst Einfluss zu nehmen. Das Recht, die Vermögensnachfolge nach dem Tod frei zu regeln, bezeichnet man als „Testierfreiheit“. Diese Freiheit können Sie in Form von einem Testament, Vermächtnis, Schenkung auf den Todesfall oder Erbvertrag selbst gestalten.
Verlassenschaftsverfahren
Im Gegensatz zu einigen europäischen Ländern gehen das Vermögen sowie Verbindlichkeiten und sonstige Rechte in Österreich nicht mit dem Tod automatisch auf die Erben über. Sämtliche Hinterlassenschaften des Verstorbenen gehen zunächst auf Verlassenschaft über. Das Verlassenschaftsverfahren ist ein Gerichtsverfahren, das von den Notarinnen und Notaren als Beauftragte des Bezirksgerichts durchgeführt wird. In dieser Funktion nennt man den zuständigen Notar Gerichtskommissär. In jedem Erbfall gibt es ein Verlassenschaftsverfahren. Zweck dieses Verfahrens ist es, den Nachlass unter gerichtlicher Aufsicht der rechtmäßigen Erbin/dem rechtmäßigen Erben zu übergeben, die Rechte minderjähriger oder besachwalteter Beteiligter zu sichern und die Erfüllung des letzten Willens zu überwachen.
Die Erben erwerben die Vermögenswerte und die sonstige Rechtsposition des Verstorbenen erst aufgrund des Verlassenschaftsverfahrens, das mit der Einantwortung in die Verlassenschaft abgeschlossen wird.
Erbantrittserklärung
Sind Sie Erbe können Sie eine Erbantrittserklärung abgeben und somit erklären, dass Sie das Erbe annehmen. Es ist dabei die unbedingte Erbantrittserklärung von der bedingten zu unterscheiden. Bei der unbedingten Erbantrittserklärung ist zu beachten, dass Sie nicht nur die Rechte und Vermögen des Verstorbenen erwerben, sondern auch dessen Pflichten und Schulden. Dies auch dann, wenn die Schulden den aktiven Nachlass übersteigen. Es ist daher eine genaue Prüfung der Vermögenssituation des Verstorbenen notwendig.
Die bedingte Erbantrittserklärung bewirkt hingegen nur eine beschränkte Haftung des Erben. Die Haftung wird mit der Höhe des Wertes des Nachlasses beschränkt. Zur Ermittlung dieser Höhe ist der Nachlass durch einen Sachverständigen zu schätzen.
Entscheiden Sie sich, das Erbe anzutreten sieht das Erbrecht einen eigenen hoheitlichen Akt, die Einantwortung, vor, durch welchen Sie Eigentum am Erbe erwerben. Das Verlassenschaftsverfahren ist dann abgeschlossen.
Gesetzliche Erbfolge
Viele Menschen versäumen es, zu Lebzeiten selbst Einfluss auf ihre Erbfolge zu nehmen. Wenn kein Testament errichtet wurde kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Das Vermögen des Verstorbenen geht dann auf den gesetzlichen Erben über. Hier ist stets zu beachten, in welchen familiären Verhältnissen der Verstorbene gelebt hat. Im Folgenden verschaffe ich Ihnen einen kleinen Überblick:
- In erster Linie erben immer Ehegatten oder eingetragene Partner und die Nachkommen, also Kinder und Enkel.
- Falls der Verstorbene weder verheiratet war noch Kinder hatte, erben die Eltern und/oder Geschwister.
- Sollten diese auch nicht vorhanden sein, erben die Großeltern des Verstorbenen und/oder Tanten und Onkel (evtl auch Cousins und Cousinen).
- Ist auch aus dieser Linie niemand vorhanden erben die Urgroßeltern des Verstorbenen und deren Nachkommen. Hier befindet sich die Erbrechtsgrenze.
- Sollte es keine Familienmitglieder geben fällt das Erbrecht auf den Lebensgefährten. Ist auch dieser nicht vorhanden erwirbt der Bund die Verlassenschaft.
Gewillkürte Erbfolge:
a.) Testament
Ein Testament ist eine zu Lebzeiten des Verstorbenen von ihm höchstpersönlich errichtete Erklärung, die eine bestimmte Person nach seinem Tod zum Erben einsetzt. Beachtlich ist, dass das Testament einer bestimmten Form bedarf. Schreiben Sie ein Testament beispielsweise nicht eigenhändig, bedarf es dreier gleichzeitig anwesender Zeugen.
b.) Vermächtnis
Das Vermächtnis unterscheidet sich vom Testament dadurch, dass es bloß einzelne Verlassenschaftsgegenstände betrifft. Sie können einer bestimmten Person zB eine Immobilie vermachen. Die Person, der nach dem Willen des Verstorbenen eine Sache zukommen soll, erwirbt nicht gleich Eigentum an der Sache, sondern bloß einen Anspruch auf Herausgabe der Sache. Dieser muss oft gerichtlich eingeklagt werden.
c.) Schenkung auf den Todesfall
Sie können auch schon jetzt jemandem eine Sache schenken und zwar für den Fall ihres Todes. Damit wird ein Vertrag zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer abgeschlossen. Die Konditionen dieses Vertrages sind genau zu prüfen.
d.) Erbvertrag
Ein Erbvertrag kann nur zwischen Ehegatten oder eingetragenen Partnern bzw. Verlobten geschlossen werden. Gegenstand des Erbvertrages ist die Erbeinsetzung der einen Vertragspartei durch die andere und meistens umgekehrt. Der Erbvertrag ist unwiderruflich und kann nur nach vertragsrechtlichen Grundsätzen wieder gelöst werden.
Pflichtteilsrecht
Da diese Gestaltungsformen allerdings durch das Pflichtteilsrecht begrenzt sind, sollten folgende Punkte vorher jedenfalls abgeklärt werden:
a.) Wer darf nicht übergangen werden?
Die Testierfreiheit des letztwillig Verfügenden ist durch das Pflichtteilsrecht begrenzt. Es bestimmt, dass gewisse nahe Angehörige des Verstorbenen nicht übergangen werden und einen Mindestanteil am Erbe erhalten sollen (sog. Noterben). Dazu gehören der/die Ehegatte/-in bzw. eingetragene Partner/in des Verstorbenen sowie dessen Nachkommen, also dessen Kinder und Kindeskinder. Pflichtteilsberechtigte haben einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Verlassenschaft bzw gegen die Erben nach Einantwortung.
b.) Wie hoch ist der Pflichtteil?
Die Pflichtteilsquote beträgt die Hälfte der gesetzlichen Quote, sodass beispielsweise ein Kind, dem bei gesetzlicher Erbfolge eine Erbquote von 1/3 zukäme, einen Pflichtteilanspruch von 1/6 hat.
Für die Berechnung des Pflichtteils können auch Schenkungen des Verstorbenen zu Lebzeiten zu berücksichtigen sein. Der Erblasser kann allerdings dem Noterben mehr als den gesetzlichen Pflichtteil hinterlassen. Dieser „Überschuss“ kann mit Bedingungen, Beschränkungen oder Belastungen versehen werden.